Eigenbedarfskündigung bei Wohnraummiete

Mindestens 126 m² Wohnflächenbedarf für studierenden Sohn angemessen? 

Mindestens 126 m² Wohnfläche kann individuell angemessen sein für den studierenden Sohn, wenn dieser per Eigenbedarfskündigung Anspruch auf die Wohnung seiner Eltern erhebt.

In dem vorliegenden Fall hatte der Vater seinem studierendem Sohn eine mehr als 126 m² große Wohnung zu Alleinnutzung zur Verfügung stellen wollen. Dieser wollte, ohne wesentliche eigene Einkünfte, einen eigenen Hausstand gründen und mit einem (langjährigen) Freund eine Wohngemeinschaft (keine Lebensgemeinschaft) bilden.

Der BGH hatte am 04.03.2015 (VIII ZR 166/14) entschieden, dass die aus der Sicht des Vaters vorgenommene, individuelle Bemessung des Wohnraumbedarfes seines Sohnes von den Gerichten grundsätzlich anzuerkennen sei.(Rn.27)

Es lassen sich keine Richtwerte (etwa Wohnfläche) aufstellen, ab welcher Grenze bei einem Alleinstehenden von einem weit überhöhten Wohnbedarf auszugehen ist. Der vom Vermieter geltend gemachte Wohnbedarf ist nicht auf Angemessenheit, sondern nur auf Rechtsmissbrauch zu überprüfen. Rechtsmissbräuchlich ist nicht schon der überhöhte, sondern erst der weit überhöhte Wohnbedarf. Die Beurteilung hängt dabei nicht allein von der in Anspruch genommenen Wohnfläche oder der Anzahl der Räume ab, sondern von einer umfassenden Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalls.(Rn.19)

Der BGH ist der Meinung, dass die Gerichte grundsätzlich zu respektieren haben, welchen Wohnbedarf der Vermieter für sich oder seine Angehörigen als angemessen sieht. Sie sind daher nicht berechtigt, ihre Vorstellungen von angemessenem Wohnen verbindlich an die Stelle der Lebensplanung des Vermieters (oder seiner Angehörigen) zu setzen.

Diese Entscheidung ist insoweit bemerkenswert, weil sie der überwiegend von den Landgerichten (z.B. Frankfurt, Köln, Bremen, Münster, Gießen) bisher vertretene Auffassung widerspricht. Diese waren bislang tendenziell eher der Meinung, dass ein von einer alleinstehenden Person mit geringen Einkünften, insbesondere einem Studenten oder Auszubildenden, beanspruchter Wohnbedarf von etwa 100 qm unangemessen sei, sofern nicht besondere Gründe einen erhöhten Bedarf rechtfertigten.

(BGH, Urteil vom 04. März 2015 – VIII ZR 166/14 –, juris)

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Mai 04 2015
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