Rechtsstellung einer Wohnungseigentümergemeinschaft als Verbraucher – trotz Teilrechtsfähigkeit

Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist im Interesse des Verbraucherschutzes der in ihr zusammengeschlossenen, nicht gewerblich handelnden natürlichen Personen dann einem Verbraucher gemäß § 13 BGB gleichzustellen, wenn ihr wenigstens ein Verbraucher angehört und sie ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder einer gewerblichen noch einer selbständigen beruflichen Tätigkeit dient.

Beim Abschluss von Rechtsgeschäften mit Dritten - wie etwa einem Energielieferungsvertrag zur Deckung des eigenen Bedarfs - handelt die Wohnungseigentümergemeinschaft in der Regel zum Zwecke der privaten Vermögensverwaltung ihrer Mitglieder und damit nicht zu gewerblichen Zwecken.

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft hatte einen Gaslieferungsvertrag mit einem Versorgungsunternehmen abgeschlossen. Bei der Bewertung von Preisanpassungsklauseln aus dem Vertrag kam es zum Streit. Es war zunächst zu entscheiden, ob die  sog. „Spannungsklauseln“ des vorliegenden Vertrages (nach denen sich der Arbeitspreis für Gas entsprechend der Preisentwicklung für leichtes Heizöl ändert), wegen unangemessener Benachteiligung der Kunden unwirksam sind oder nicht.

Diese Gültigkeitsvoraussetzungen hat der Senat bei einer ölpreisindexierten Preisgleitklausel in einem Verbrauchervertrag verneint, weil die erforderliche Prognose, dass sich der Marktpreis für die geschuldete Leistung typischerweise ähnlich wie der Marktpreis für das Referenzgut entwickelt, bereits daran scheitert, dass ein - durch eine Spannungsklausel zu wahrender - Marktpreis für Gas damals nicht feststellbar war.

Nachdem in der Rechtsprechung und in der Literatur allerdings umstritten war, ob und unter welchen Voraussetzungen die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verbraucher oder als Unternehmer anzusehen ist, war gleichzeitig auch diese Position durch den BGH zu prüfen.

So wurden bis dato durch Juristen folgende Theorien vertreten:

  • die Wohnungseigentümergemeinschaft könne weder als Verbraucher noch als Unternehmer eingestuft werden.
  • Die Anwendung verbraucherschützender Vorschriften auf die Wohnungseigentümergemeinschaft scheiden generell aus.
  • Die Wohnungseigentümergemeinschaft unterfalle aufgrund ihrer Teilrechtsfähigkeit (§ 10 Abs. 6 WEG) von vornherein nicht dem Anwendungsbereich des § 13 BGB, der nur für natürliche Personen gelte. Eine entsprechende Anwendung des Verbraucherbegriffs auf die Wohnungseigentümergemeinschaft sei aufgrund ihrer verbandsrechtlichen Organisationsstruktur nicht geboten.
  • Teilweise wird die Wohnungseigentümergemeinschaft als rechtsfähige Personengesellschaft im Sinne des § 14 Abs. 2 BGB angesehen.
  • Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann entsprechend § 13 BGB als Verbraucher angesehen werden

 

Dabei wird zusätzlich unterschieden, ob die rechtliche Einordnung nur von dem gemäß §§ 13, 14 BGB beachtlichen Zweck des jeweiligen Rechtsgeschäfts abhängt, oder ob es auch maßgeblich auf die Zusammensetzung der Wohnungseigentümergemeinschaft ankommt. Auch hier wurden bislang folgende unterschiedliche Auffassungen vertreten:

  • Die Anwendung verbraucherschützender Vorschriften sei nur möglich, wenn der Wohnungseigentümergemeinschaft ausschließlich natürliche Personen angehören
  • Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist schon dann als Verbraucher gleichzustellen, wenn sie mehrheitlich aus Eigennutzern oder nichtgewerblichen Vermietern besteht
  • Die Anwendung verbraucherschützender Normen auf die Wohnungseigentümergemeinschaft sollen nur dann ausscheiden, wenn an ihr ausschließlich Unternehmer beteiligt sind

 

Der BGH hat nun entschieden, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft im Interesse des Verbraucherschutzes der in ihr zusammengeschlossenen, nicht gewerblich handelnden natürlichen Personen dann einem Verbraucher gemäß § 13 BGB gleichzustellen ist, wenn ihr wenigstens ein Verbraucher angehört und sie ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder einer gewerblichen noch einer selbständigen beruflichen Tätigkeit dient.

Eine natürliche Person verliert ihre Schutzwürdigkeit als Verbraucher nicht dadurch, dass sie Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft wird. Der einzelne Wohnungseigentümer kann die Zusammensetzung des Verbandes regelmäßig nicht beeinflussen (BGH, Beschluss vom 2. Juni 2005 - V ZB 32/05, aaO). Der ihm von Gesetzes wegen zustehende (Verbraucher-)Schutz kann indes nicht von Umständen abhängen, die sich seiner Einflussnahme und häufig bereits seiner Kenntnis entziehen.

Auch hinsichtlich des Zweckes der wirtschaftlichen Tätigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft geht der BGH davon aus, dass diese sich auf die Verwaltung des eigenen Vermögens beschränkt, wenn keine planmäßige und auf Dauer angelegte wirtschaftlich selbständige Tätigkeit unter Teilnahme am Wettbewerb vorgenommen wird. (im Sinne von §§ 13, 14 BGB)

Unter diesem Aspekt ist es daher geboten, die Wohnungseigentümergemeinschaft entsprechend § 13 BGB als Verbraucher zu behandeln, soweit sie - wie hier - einen Energielieferungsvertrag zur eigenen Bedarfsdeckung abschließt. Denn ein solcher Vertrag dient typischerweise nur der eigenen Verwaltung und damit einem Zweck, der weder einer gewerblichen noch einer selbständigen beruflichen Tätigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft zugerechnet werden kann

Eine andere Betrachtung ist allenfalls dann gerechtfertigt, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft selbst gewerblich tätig wird und deshalb als Unternehmerin am Rechtsverkehr teilnimmt, etwa wenn in ihrer Anlage ein Hotel betrieben wird (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 2014 - V ZR 168/13, NJW 2014, 2197; vgl. auch Lehmann-Richter, aaO [zum Betrieb eines nur der Eigenversorgung dienenden Blockheizkraftwerks durch die Wohnungseigentümergemeinschaft]).

Auch die Tatsache, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft bei Abschluss des Einzelvertrages durch die - gewerblich handelnde - Verwalterin vertreten war, die ihrerseits schon als Stellvertreterin für andere Wohnungseigentümergemeinschaften den Rahmenvertrag ausgehandelt hatte, ändert nichts an der Einordnung als Verbrauches. Denn für die Abgrenzung von unternehmerischem und privatem Handeln im Sinne der §§ 13, 14 BGB kommt es im Falle einer Stellvertretung grundsätzlich auf die Person des Vertretenen und nicht des Vertrers an

(BGH, Urteil vom 25. März 2015 – VIII ZR 243/13 –, Rn. 56, juris)

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Mai 17 2015
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