Wie entsteht ein Mietspiegel?

Das Verfahren des Berliner Amtsgerichtes vom 11.05.2015 hat einen wesentlichen Aspekt der bisherigen Praxis zur Erstellung eines Mietspiegels für ungenügend bewertet: 

Eine Vermieterin wollte die Miete einer Altbauwohnung auf 7,19 Euro kalt pro Quadratmeter erhöhen und damit über die ortsübliche Vergleichsmiete hinaus. Die Mieter wehrten sich und bezogen sich auf den Mietspiegel. Bei dessen Erstellung seien aber Mieten von 7 bis 11 Euro zu Unrecht als Wucher eingestuft und nicht berücksichtigt worden - was die ortsübliche Vergleichsmiete in dem qualifizierten Mietspiegel senkte und so die Marktlage verzerrt hatten.

Solche Kniffe sind bisher politisch gewollt. Mieter- und Vermietervertreter sitzen mit am Tisch und erkennen das an. „Wir haben immer mitgemacht, weil wir Frieden wollten“, heißt es beim Eigentümerverband Haus und Grund.

Viele Kommunen erstellen ihre Mietspiegel, meist gemeinsam mit den örtlichen Vertretern der Mieterverbände, der Eigentümer und der Wohnungswirtschaft.

Noch erheblich schlimmer ist die Praxis bei den sog. einfachen Mietspiegeln, die in einem Zusammenspiel von Mieter- und Grundstücksbesitzervereinen und der örtlichen Politik entstehen. 

Das klingt halbwegs objektiv, doch die Wahrheit in solchen Fällen ist häufig eine andere. Alle versuchen soviel Einfluss zu nehmen wie möglich. Die Mietervertreter wollen die Mieten möglichst niedrig halten, während die Eigentümervertreter lieber höhere Mieten durchsetzen würden. Die Kommunalpolitiker schlagen sich häufig auf die Seite der Mieter, da sie sich so mehr Wählerstimmen erhoffen.

Und was machen die Firmen, die Mietspiegel professionell erstellen? Sie richten sich, häufig so weit wie möglich nach den Wünschen der Politik. Denn die vergibt schließlich den lukrativen Auftrag, der den Firmen im Falle einer Großstadt wie Frankfurt 500.000 Euro und mehr einbringen kann. Die Anpassungen der Daten geschähen zwar im Rahmen des statistisch Zulässigen, seien also keine direkten Manipulationen – aber eben auch kein Musterbeispiel für wissenschaftlich korrektes Arbeiten.

Von Sachlichkeit keine Spur, politische Erwägungen dominieren. Diese Art und Weise der "Ermittlung" angeblicher Miethöhen führt das ganze System ad absurdum.

Ein Beispiel: Ein kleines Haus mit großem Gartengrundstück. Lt. Mietspiegel kommt der Garten nicht zum Tragen, ist aber ein wesentlicher Aspekt. 
Bei der Erstellung eines Mietspiegels stellen sich vor allem zwei Probleme:

  • Die Erstellung ist hochkomplex. Das Stadtgebiet wird in verschiedene Wohnlagen unterteilt, Infrastruktur und Zustand der Gebäude werden bestimmt. Dann werden "in der Regel eine Fülle an weiteren Einzelfaktoren zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete herangezogen", sagt Wolfgang Neußer, Wohnungsmarktexperte am BBSR. Entsprechend gibt es stets eine Reihe von Unschärfen bei der Festlegung der Durchschnittsmiete.
  • Die Qualität der Mietspiegel schwankt von Bundesland zu Bundesland. Das BBSR hat eine Broschüre mit unverbindlichen Hinweisen ins Netz gestellt. Doch es gibt "keine Mindestanforderungen für die Erstellung von Mietspiegeln", sagt Neußer. 

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Jun 10 2015
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